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Nach dem Besuch des Poseidontempels war es dann soweit. Wir gingen Anker auf und segelten zu unserer ersten Insel in den Kykladen – Kea. Bei für die Kykladen untypischem Südwind konnten wir von Sounio zunächst gut auf Halbwind-Kurs segeln. Nach einiger Zeit schlief der Wind aber komplett ein und wir mussten den Rest motoren. Das Meer war irgendwann spiegelglatt. Wir hatten eine andere Vorstellung von den Winden in den Kykladen und waren eigentlich schon gespannt auf den Meltemi. 😜

Der Meltemi ist ein markantes Wetterphänomen der Ägäis, das sich vor allem in den Sommermonaten bemerkbar macht. Dieser trockene, kräftige Nordwind ist für die Region von großer Bedeutung und prägt das Klima, die Seefahrt und sogar das tägliche Leben in Griechenland und der Türkei.

Der Meltemi entsteht durch den Temperaturunterschied zwischen dem heißen Festland und dem kühleren Meer. Er beginnt meist im Juni und erreicht seine stärkste Ausprägung im Juli und August. Der Wind kann mehrere Tage ununterbrochen wehen, oft mit Geschwindigkeiten von 5 bis 7 Beaufort, gelegentlich sogar stärker.

Für Segler ist der Meltemi sowohl Segen als auch Herausforderung. Während er für frische Brisen und angenehm kühle Temperaturen sorgt, kann er die Ägäis auch in ein anspruchsvolles Segelrevier verwandeln. Wellenhöhen können rasch ansteigen, und unerfahrene Segler sollten die Kraft des Meltemi nicht unterschätzen.

Auf den Inseln bringt der Meltemi eine willkommene Erfrischung in der Sommerhitze. Er hält die Luft trocken, was die Temperaturen erträglicher macht, und vertreibt die schwüle Hitze, die in anderen Teilen des Mittelmeers vorherrscht. Allerdings führt er auch zu Wasserknappheit, da der Regen ausbleibt und die Verdunstung steigt.

Im Laufe der Jahrhunderte hat der Meltemi die Kultur und Lebensweise der Menschen in der Ägäis geprägt. Traditionelle Häuser wurden oft so gebaut, dass sie Schutz vor dem starken Wind bieten, und in der Landwirtschaft werden Pflanzen gewählt, die den trockenen Bedingungen standhalten.

Der Meltemi ist mehr als nur ein Wetterphänomen – er ist ein integraler Bestandteil des Lebens in der Ägäis. Für Reisende bedeutet er oft eine willkommene Abkühlung, für Einheimische hingegen ist er ein vertrauter Begleiter, der den Rhythmus des Sommers bestimmt.

Von diesem typischen Sommerwind der Ägäis fehlte Anfang Juni jedoch jede Spur. Durch die Flaute hielt sich die Dunstglocke aus Athen über dem Saronischen Golf. Auch die vielen Fähren und Frachtschiffe, die hier unterwegs waren, trugen nicht unbedingt zur Verbesserung der Luftqualität bei. Auf Kea angekommen, gingen wir in der nordwestlichen Bucht Vourkari vor Anker. Nach einem erfrischenden Bad im Meer ging es mit dem Beiboot an Land. Dort haben wir uns noch etwas die Beine vertreten und lecker zu Abend gegessen.

Am nächsten Morgen gingen wir Anker auf und segelten nördlich um Kea herum. Der Wind frischte am Nachmittag etwas auf. Immer noch aus Süd bis Südwest kamen wir auf Amwind-Kurs gut Richtung Kythnos voran. Das Highlight an diesem Tag war die Begegnung mit einer kleinen Gruppe von Delfinen. Sie kamen seitlich an uns heran und haben uns dann ein Stück am Bug begleitet. So hatten wir das bisher auch noch nicht erlebt. Eine tolle Begegnung! 🐬

Etwas später liefen wir auf der Nordostseite der Insel Kythnos in Loutra ein und machten hier mit Anker und Achterleinen im Stadthafen fest. Hier konnten wir unseren Wasservorrat auffüllen und etwas Proviant nachkaufen. Einen Ausflug zur Chora haben wir nicht unternommen, obwohl diese eine der schönsten in den Kykladen sein soll. Aber wir müssen uns ja noch ein paar Orte für zukünftige Reisen aufheben. 😉

Auch am nächsten Tag kam der Wind noch immer aus südlichen Richtungen und so beschlossen wir, nicht noch weiter in den Süden zu segeln, sondern die nächste Insel im Osten anzusteuern – Syros.

Syros, eine der Kykladeninseln in der Ägäis, besticht durch ihre einzigartige Mischung aus Tradition und Moderne. Im Gegensatz zu den touristischen Hotspots wie Mykonos oder Santorini bietet Syros eine authentische und zugleich lebendige Atmosphäre, die von der reichen Geschichte und Kultur der Insel geprägt ist.

Die Hauptstadt Ermoupoli ist das pulsierende Zentrum von Syros. Mit ihren neoklassizistischen Gebäuden, Marmorpromenaden und dem imposanten Rathaus erinnert die Stadt eher an eine europäische Metropole des 19. Jahrhunderts als an eine typische Kykladenstadt. Der Apollon-Theater, ein Miniatur-Nachbau der Mailänder Scala, und die prächtigen Kirchen, wie die Agios Nikolaos, zeugen von der kulturellen Bedeutung der Stadt.

Nach einem schönen Segeltag ließen wir den Anker in einer Bucht im Südwesten der Insel vor der Stadt Finikas fallen und genossen das herrliche, türkisfarbene und klare Wasser zum Baden. Am nächsten Morgen gingen wir Anker auf und machten in der Stadtmarina von Finikas fest.

Von dort aus fuhren wir mit dem Taxi – angeblich das erste der Inselgeschichte – auf die andere Seite der Insel in die “Hauptstadt“ Ermoupoli. Mit über 11.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt in den Kykladen. Bei heißen Temperaturen schlenderten wir durch die Gassen und haben lecker in einer Taverne gegessen. Meinen Eltern war es hier definitiv zu heiß und so sind sie nach dem Essen mit dem Taxi wieder zurück zum Boot gefahren.

Nici und ich sind noch in der Stadt geblieben und haben am Abend im Apollon-Theater die Komödie „Heute Abend essen wir in Jokasti“ besucht. Das Stück wurde vom Theaterclub Syros auf Griechisch aufgeführt. Wir haben nicht viel verstanden, es hat aber trotzdem Spaß gemacht und wir haben die Kultur auf Syros etwas unterstützt. 😊

Nach dem Besuch des Apollon-Theaters haben wir unseren Taxifahrer angerufen, der uns wieder gut und sehr zügig 😉 zurück nach Finikas gebracht hat. Auf dem Weg dorthin erzählte er uns noch einiges über seine Familie und zeigte uns das Haus seines Großvaters. Zurück an Bord haben wir den Abend gemeinsam mit meinen Eltern bei einem „Absacker“ ausklingen lassen. 🍻