Am nächsten Morgen hieß es dann schon wieder Abschied nehmen von Montenegro. Hierzu mussten wir an der Zollpier in Bar ausklarieren. Alle waren wieder sehr nett und hilfsbereit. Zuerst wieder ins Büro des Hafenkapitäns, anschließend zum Zoll und dann zur Polizei. Das Procedere kannten wir ja bereits. Am Ende fragte mich eine nette Polizistin, woher wir denn kommen würden. Ich meinte aus Deutschland worauf sie mich wiederum fragte, ob wir denn eine Flasche Wein für sie hätten. Sie würde nämlich Weinflaschen sammeln. Na wir wollten mal nicht so sein und haben ihr eine Flasche Freixenet überreicht. 🤣
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, fuhren wir aus dem Hafen von Bar heraus und rollten die Segel aus. Vorbei an einem riesigen Öllager und dem mit 12 Kilometern längsten Sandstrand Montenegros bei Ulcinj segelten wir mal mit mehr und mal mit weniger Wind über die Seegrenze nach Albanien. Der Fluss Bojana, der aus dem Skadarsee (auch bekannt als Shkodërsee) fließt, bildet einen natürlichen Teil der Grenze zwischen den beiden Ländern und mündet in die Adria.
In Albanien ist es üblich, dass man das Einklarieren über einen Agenten regelt. So habe ich über verschiedene Foren den Kontakt zu einem Mr. Frock aufgenommen. Die Konversation über WhatsApp war kurz und knapp und ehrlich gesagt wussten wir noch nicht so ganz, was uns da so erwartet. Kurz vor der Ankunft in der Stadt Shengjin im Norden Albaniens sollte ich Mr. Frock erneut kontaktieren und Instruktionen abwarten. Zu meinem Ärger funktionierte die von mir zuvor gebuchte eSim nicht auf Anhieb, sodass ich keine Internet-Verbindung hatte und somit auch kein WhatsApp verwenden konnte. Also buchte ich zusätzlich einen TravelPass über meinen Telekom-Account und konnte so Mr. Frock erreichen.
Er wies uns an, in den Industrie-Hafen von Shengjin einzulaufen und zuvor noch die Hafenbehörde über Funk um Genehmigung zu bitten. So geschehen sind wir in den Hafen eingelaufen und haben Ausschau nach Mr. Frock gehalten. Irgendwann haben wir dann einen älteren Herren mitten in einer Staubwolke wild gestikulierend entdeckt und waren uns sicher, das muss er sein! Er stand dabei zwischen zwei Frachtschiffen, von denen eines gerade mit Schotter beladen wurde. Den Handzeichen nach sollten wir an dem zweiten Frachter vorbei fahren. Im hintersten Eck des Hafens stand vor dem Frachter noch ein alter Kahn, der zumindest noch schwimmfähig schien. An diesem haben wir schließlich längsseits festgemacht. Was für ein Abenteuer! 😮
Nachdem wir fest waren, sollten wir uns für die weiteren Formalitäten zum Einklarieren in seinen alten Mercedes setzen. Nach kurzer Irritation saßen wir alle im Auto und fuhren 500 m aus dem Hafen raus in eine albanische Kneipe. Dort haben wir dann während eines Anlegebiers die Dokumente ausgefüllt und Mr. Frock unsere Ausweise übergeben. Dann fuhr er davon um 10 Minuten später wieder zurück zu sein. Zufällig saß am Nebentisch auch der Hafenkapitän von Shengjin. 😉 Anschließend hat uns Mr. Frock noch kurz durch Shengjin gefahren und uns an einem Restaurant rausgelassen. Hier haben wir lecker gegessen und sind anschließend zurück zum Hafen gelaufen. Gleich hinter unserem Boot saß der Wachmann und begrüßte uns noch herzlich. Sehr beruhigend. 😊
Am nächsten Morgen mussten wir früh los, da Kerstin und Silke am Abend wieder von Tirana nach Hause fliegen mussten. Um den nächsten Hafen in Dürres ansteuern zu dürfen, benötigten wir noch eine Port-Clearance vom Hafenkapitän. Diese brachte uns wie vereinbart Mr. Frock um 7:00 Uhr morgens ans Boot. Toller Service für 50,- Euro zzgl. 10,- Euro Hafengebühr. Dann fuhren wir aus dem Hafen und rollten die Segel aus. Bis Dürres waren es gut 40 Seemeilen. In Albanien gibt es kaum eine Infrastruktur für Segler und die Entfernungen zwischen den (meist) Industriehäfen sind sehr groß.
Im Laufe des Tages nahm der Wind aus Südwest ordentlich zu und so baute sich auch eine anständige Welle auf. In Dürres haben wir einen Liegeplatz in einer “Marina” reserviert. Die “Cristian Marine Dürres” befand sich in einem Teil des Industriehafens. Am Nachmittag erhielt ich dann die Nachricht, dass wir den Liegeplatz aufgrund der Wetterbedingungen und des starken Windes aktuell nicht anlaufen können. Die Fähre aus Italien war mit einer Vorleine quer über das gesamte Hafenbecken abgesichert und blockierte damit die Zufahrt zu unserem Liegeplatz. Da Kerstin und Silke bis 18:00 Uhr am Flughafen in Tirana sein mussten, haben wir sie im Hafenbecken abgesetzt. Nein, nicht einfach so. 😜 Cristian Marine hat ein Motorboot rausgeschickt und hat die beiden à la James Bond von unserem Boot abgeborgen. Das ging am Ende alles ganz schnell und es blieb nicht viel Zeit, uns zu verabschieden.
Der Hafenkapitän bat uns freundlich über Funk, den Hafenbereich wieder zu verlassen, da eine größere Motoryacht am Einlaufen sei. Etwas widerwillig verließen wir den Hafen wieder und ankerten bei sehr rauen Bedingungen mit teilweise bis zu zwei Meter hohen Wellen auf 6 Meter Wassertiefe noch etwas geschützt vor der Hafenmole. Hier mussten wir ausharren, bis die Fähre um 19:00 Uhr den Hafen verlassen hat und wir unseren Liegeplatz anlaufen konnten. Es waren drei Stunden Achterbahn-Fahrt, in denen wir nix an Bord machen konnten. Angekommmen an unserem Liegeplatz machten wir mit Mooringleine und Achterleinen fest. Kurz darauf zog auch schon das angekündigte Gewitter über uns hinweg. Für die Unannehmlichkeiten verlangte Cristian Marine nur den halben Preis für die erste Nacht. Das ist megafair, zumal sie auch nichts für die aktuelle Wettersituation konnten. Insgesamt war das zu jeder Zeit eine tolle Kommunikation und ein super Service, den wir absolut weiterempfehlen können.
Nach dem Anlegen wurde el Rubio wieder aufgeräumt und vorbereitet für unsere nächsten Freunde an Bord. Sandra und Gerhard reisen in der Nacht von Nürnberg nach Tirana und kommen um kurz vor 1:00 Uhr morgens an. Dazu mehr im nächsten Blog. 😊