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In der Nacht um kurz vor 2:00 Uhr kamen Sandra und Gerhard mit dem Taxiservice im Hafen von Dürres an. Für den nächsten Tag war die Wettervorhersage nicht so gut und so haben wir uns erst mal Dürres angeschaut und unseren Proviant aufgefüllt. Bis zum nächsten Ziel, der Marina Orikum, waren es über 60 Seemeilen und dazwischen gibt es quasi keine sichere Bucht oder einen geeigneten Ankerplatz.

Am Freitag bot sich ein geeignetes Wetterfenster für den langen Schlag in die Bucht von Vlora. Nachdem die Fähre um 7:30 Uhr den Hafen verlassen hatte, haben auch wir um 08:00 Uhr abgelegt. Der Wind war noch sehr böig und die Wellen hatten noch eine beachtliche Höhe. Zunächst unter Motor konnten wir nach einer knappen Stunde auch die Segel gerefft (also verkleinert) ausrollen. Nach gut elf Stunden hatten wir die Marina Orikum in der Bucht von Vlora erreicht. 63 Seemeilen und ein wilder „Ritt“. Müde aber voller Stolz sind wir am Abend nach einer kleinen Stärkung in die Kojen gefallen. Hut ab vor Sandra und Gerhard, für die es der erste Törntag in diesem Jahr war. 🎩

In der Marina Orikum lag “el Rubio” sicher und so haben wir uns am nächsten Tag ein Auto geliehen und sind zunächst in die nahegelegenen Berge gefahren. Leider war das Wetter nicht besonders gut und auf der Passstraße fuhren wir durch die dichten Wolken und es regnete auch immer wieder. Zwischendurch konnte man dennoch in einer der Wolkenlücken einen Blick in die Bucht tausend Höhenmeter darunter ergattern. Mega! 😊 Im Panoramarestaurant gastierte derweil eine Busreisegruppe aus Berlin. So klein ist die Welt.

Am Nachmittag ging es dann in die andere Richtung in die Stadt Vlora. Ganz anders als Dürres war die Stadt bunt und leicht orientalisch angehaucht. Hier gab es deutlich weniger bettelnde Menschen. In Dürres haben wir von einem netten Taxifahrer erfahren, dass man als Taxifahrer nur 600,- Euro im Monat verdient. Davon muss man seine Familie ernähren und auch sämtliche Nebenkosten tragen. Eine Krankenversicherung wie in Deutschland gibt es nicht. Auch hier muss man die Kosten im Bedarfsfall selbst tragen. Für uns unvorstellbar. 😕

Am nächsten Morgen gaben wir das Auto wieder ab und legten am Mittag ab, um ein Stück weiter nach Süden zu segeln. Zuvor haben wir in der Marina Orikum noch Marcelo und Barbara aus Brasilien kennengelernt, deren Segelboot über die Wintermonate in der Marina in Orikum lag. Sie waren erst ein paar Tage vor uns aus Brasilien angereist. Da sie im letzten Jahr eine “falsche” Ankerkette in Italien gekauft hatten, wollten sie diese in den nächsten Tagen in Italien wieder umtauschen.

Nachdem wir aus der langgezogenen Bucht von Vlora rausgekreuzt sind, segelten wir weiter in Richtung Süden. Die angepeilte Ankerbucht erwies sich als nicht geeignet und so segelten wir im Sonnenuntergang weiter bis vor Himara. Dort haben wir vor der gut beleuchteten und belebten Promenade unseren Anker fallen lassen. Am nächsten Morgen staunten wir nicht schlecht, als wir hinter uns Marcelo und Barbara ankernd auf ihrer “Norwegian Lady II” entdeckten. Sie hatten ihren Plan kurzfristig geändert und sind nun doch nicht nach Italien gesegelt.

Wir trafen uns mittags zum Lunch an der Promenade und lernten uns etwas näher kennen. Marcelo arbeitete in Brasilien bei einer Bank und konnte mit 50 schon in den Ruhestand treten. Mit der Abfindung hat er sich vor 4 Jahren das Boot in Kroatien gekauft und segelt seit seitdem jeden Sommer für 6 Monate im Mittelmeer, wobei er jedes Mal nach 3 Monaten den Schengenraum verlassen muss. Barbara ist Logopädin und arbeitet online vom Boot aus. Beeindruckend! 😮

Nach einer weiteren Nacht vor Anker in Himara ging es weiter zu unserem vorerst letzten Ort in Albanien – nach Saranda. Wir hatten mal überlegt, hier nur kurz über einen Agenten auszuklarieren und gleich weiter nach Corfu zu segeln. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Agenten stand aber fest, das ruhige Wetter auszunutzen und hier in Saranda noch eine Nacht vor Anker zu liegen und am Abend die Stadt zu besuchen. Saranda ist eine lebhafte Stadt und es kommen viele Tagesgäste mit den Fähren aus Corfu. Kurz vor Mitternacht kreiste ein Party-Piratenboot um unseren Ankerplatz. Hell und bunt mit LED’s beleuchtet und mit lauter Musik fuhr er gleich mehrfach ganz knapp an uns vorbei, nachdem wir die Gelegenheit nutzten und auch auf unserem “Blonden” kurz mittanzten. 🤣

Für den nächsten Morgen hatte ich mich zum Ausklarieren für 10:00 Uhr mit dem Agenten verabredet. Er hatte bereits alle Papiere fertig gemacht und uns die Port-Clearance übergeben. Damit waren wir startklar für die Ausreise aus Albanien. Ich trank noch einen Kaffee mit ihm und unterhielt mich über die Entwicklungen in Albanien. Die Korruption ist nach wie vor hoch (wo ist sie das nicht?!) und in Saranda selbst werden die Geschäfte nicht von Einheimischen geführt. So ist ein großer Teil der Bevölkerung noch immer sehr arm und lebt in eher einfachen Verhältnissen. Touristen zahlen in den Geschäften und Restaurants deutlich höhere Preise. Vergleicht man die Einkommen, ist das in den meisten Fällen sicher auch berechtigt.

Dann ging es Anker auf und wir machten uns auf den Weg in die nur 15 Seemeilen entfernte Stadt Kerkyra auf Corfu. Albanien hat uns beeindruckt. Wir sind ausschließlich netten und hilfsbereiten Menschen hier begegnet und wir fühlten uns zu keiner Zeit unsicher oder unwohl. Die Infrastruktur für Segler ist noch sehr übersichtlich ausgeprägt. Hier muss in den nächsten Jahren sicher weiter investiert werden, wenn sich der Segeltourismus weiter entwickeln soll. Die Strecken zwischen den “sicheren” Ankerplätzen bzw. (Industrie)Häfen sind verhältnismäßig lang, was wiederum ein geeignetes Wetterfenster voraussetzt. Am Ende sind wir aber froh, dieses tolle Land kennengelernt haben zu dürfen.

Wie wir in Griechenland empfangen wurden, erfahrt ihr im nächsten Blog. 😉